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Gastpredigt in Rumänien über Jes. 40, 12-31
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Predigt vom 06.02.11 (Pfarrer Dr. Arndt Haubold)

Zweite Gastpredigt in Rumänien

von Pfarrer Dr. Arndt Haubold
am 5. Sonntag nach Epiphanias
am 6. Februar 2011

im Dekanat Mediasch:
10.00 Uhr in Valea Viilor/Wurmloch
12.00 Uhr in Brateiu/Pretai
14.00 Uhr in Atel/Hetzeldorf

Liebe Gemeinde!

Wir Menschen haben es weit gebracht! Wir sind auf dem Mond gelandet, und eine Sonde ist auf dem Weg zum Pluto. Wir unterhalten uns über Telefon oder Computer mit Menschen am anderen Ende der Erde, als säßen sie nebenan. Ärzte sind nahe daran, aus einer Zelle eines Menschen ein Duplikat herzustellen. Wir Menschen haben es weit gebracht!

Freilich - wir profitieren nicht alle davon. Die Zigeunerfamilie am Rand unseres Ortes nicht, die Bewohner des Altenheims nicht, und viele von Ihnen hier auch nur in bescheidenem Maß. Und auch wenn wir's weit gebracht haben: Züge verunglücken immer noch, und Kinder werden ermordet, wie es letzte Woche in Deutschland die Menschen beschäftigt hat. Wir Menschen haben es zwar weit gebracht, und manchmal steigt uns das gewaltig zu Kopf, aber die Bäume wachsen nicht in den Himmel, und manchmal sind wir gewaltig ohnmächtig und riesig klein.

Was und wie ist dagegen Gott! Der Profet Jesaja hält uns unsere menschlichen Dimensionen gegenüber Gottes Unvergleichlichkeit mit großartigen Bildern vor Augen: Können wir mit der hohlen Hand das Wasser des Schwarzen Meeres messen? Können wir mit dem Zollstock die Weite des Himmels über den Weinbergen des Kokeltals messen? Können wir mit einem Messbecher den "Meeresboden einer längst verflossnen Flut", wie es in der Siebenbürgerhymne heißt, messen? Können wir mit einer Küchenwaage das Fogarascher Gebirge wägen? Jedem ist klar: Das ist alles lächerlich.

Und der Profet fährt fort: Braucht Gott, der die ganze Welt in Seinen Händen und Gedanken hält, überhaupt Helfer oder Berater? Braucht Er ein Kuratorium, eine Sekretärin, einen Stellvertreter, einen Stab von Mitarbeitern oder einen Aufsichtsrat? Auch das erscheint uns lächerlich. Gott ist allein zu allem in der Lage. Nur in der Kirche brauchen wir Berater und Helfer, da ist kein Pfarrer und kein Bischof Gott.

Was sind die Völker und ihre Herrscher?, fragt der Profet weiter. Ein Tropfen am Rand eines Eimers, der abgeschüttelt wird, ein Sandkorn auf der Waage, das den Ausschlag des Zeigers nicht verändert! Die Inseln - und vielleicht hat der Profet Jesaja dabei an Kreta oder Zypern gedacht - sind nicht mehr als Stäubchen, die man wegpustet.

Womit wollt ihr dagegen Gott vergleichen?, fragt Jesaja. Das haben Menschen immer wieder überlegt. Sie haben Gott mit einem König verglichen, aber auch der ist ja sterblich und besiegbar. Sie haben Gott mit der Sonne verglichen, aber auch die Sonne verliert in der Nacht und im Winter und hinter den Wolken einen Teil ihrer Kraft. Heute vergleichen wir Gott gern mit einem Superhirn, einem riesigen Rechner, in dem alle Daten dieser Welt eingespeichert sind. Aber auch der größte Rechner kann nur verarbeiten, was wir Menschen vorher eingegeben haben, und er kann nicht etwa den Kosmos reproduzieren. Wie lächerlich sind doch unsere Versuche, Gott zu vergleichen!

Wir Menschen haben, so Jesaja, uns immer wieder Abbilder Gottes gemacht. Künstler haben Gottesbilder in Erz gegossen, Goldschmiede sie mit Gold überzogen und an silbernen Ketten aufgehängt. Der Profet dachte wahrscheinlich an das goldene Kalb. Wir sehen vielleicht buddhistische Tempel vor unseren Augen oder auch prunkvolle Kirchen. Wer dafür zu arm ist, schreibt Jesaja, der hat sich wenigstens aus gutem Holz, das nicht fault, ein Bild schnitzen lassen, das nicht wackelt, und stellt es zu seiner Andacht im Haus auf. Man hört heraus, dass Jesaja das nicht ganz ernst nehmen kann. Keine Abbildung Gottes wird seinem unvergleichlichen Wesen gerecht. Und heißt nicht das zweite biblische Gebot: "Du sollst dir kein Bildnis machen?" Haben nicht die Reformierten recht, die aus ihren Kirchen alle Bilder herausgeworfen und verbrannt haben? Haben nicht die Orthodoxen recht, die keine geschnitzten oder plastischen Bilder in ihren Kirchen zulassen, sondern nur gemalte Bilder? Was ist mit den schönen siebenbürgischen Altären, sofern sie nicht in den letzten Jahrzehnten geraubt oder zerstört wurden oder dem Verfall preisgegeben sind? Halten sie vor Gottes Gebot stand? Sie sind für uns ja keine Abbilder Gottes, wir beten sie nicht an, sondern wir beten nur an diesem Platz zu dem unvergleichlichen Gott und schmücken mit diesen Bildern nur den Altartisch! Wir müssen also kein schlechtes Gewissen haben, wenn wir die geistlichen Kunstwerke in unseren Kirchen hüten und pflegen! Aber sie fassen nicht Gottes Realität.

Noch einmal holt Jesaja aus und zeigt uns unsere menschlichen Grenzen gegenüber Gott auf: Wir Menschen sind wie Heuschrecken, die in Schwärmen die Erde kahl fressen. Wir werden tatsächlich immer mehr, und die Erde trägt uns eines Tages nicht mehr. Wenn schon die Nahrung reichen könnte - unsere Abfälle werden uns den Lebensraum nehmen. Und unsere Herrscher und Richter, Politiker und Meinungsmacher haben nicht viel Zeit!, so Jesaja weiter. Kaum sind sie gepflanzt und eingewurzelt, reißt sie ein Sturm wieder heraus, dass sie entwurzelt verdorren, oder ein Wirbelsturm weht sie weg wie Spreu, wie es in Australien dieser Tage geschehen ist. Menschliche Herrscher werden immer wieder weggefegt von Wahlen oder Revolutionen. Wenn einer 30 Jahre an der Macht geblieben ist, wie hier ein Führer, ist es schon eine Ausnahme, aber dann wehte der Sturm ihn auch umso heftiger hinweg.

Im Vergleich zu Gott sind wir also alle nichts, das hat uns der Profet Jesaja deutlich vor Augen gestellt. Muss uns das nicht mutlos und verzagt machen? Wenn wir nur Staubkörner im Weltall und Eintagsfliegen der Geschichte sind - was beten wir dann überhaupt noch zu Gott? Wie vermessen wir uns zu beten, dass unsere kleinen Schmerzen weggehen, dass die Sonne scheine, wenn wir die Ernte einbringen wollen, dass unser Flugzeug heil lande oder dass unsere Liebessehnsucht Erfüllung finde? Ist das nicht alles sinnlos vor der unvergleichlichen Größe Gottes? Wird der, der die Bahnen der Gestirne und die Fäden der irdischen Geschichte in seinen Händen hält, sich um uns Staubkörner kümmern?

Doch gehören Makro- und Mikrowelt zusammen! Von letzterer konnte Jesaja noch nichts ahnen. Wir wissen heute: Es ist ein atemberaubendes Wunder, dass sich die Strukturen der Sternenbahnen in der Weite des Alls wiederfinden in den Bahnen der Neutronen, jener kleinsten bekannten Bestandteile der Materie. Was sich im Kosmos abspielt, wiederholt sich in den Zellen der Lebewesen. Der unendlichen Zahl der Sterne entspricht die unendliche Zahl der Mikroben in einem Löffel Ackerkrume. Die Geschichte der Reiche dieser Erde wiederholt sich im kleinen in der Geschichte jedes Menschenlebens. Ein Jahrtausend der Geschichte und ein Tag unseres Lebens haben ähnliche Strukturen.

Wirkliche Allmacht, wie sie Gott besitzt, wirkt nicht nur in der Makrowelt, sondern ebenso in der Mikrowelt, wirkt im Größten wie im Kleinsten. Das schenkt mir die Glaubenszuversicht, dass Er des Menschen, der nur ein Staubkörnlein ist, achtet, und mein Gebet nicht sinnlos ist.

So fährt auch Jesaja fort: Warum denkst du denn, dein Weg sei dem Herrn verborgen? Der ewige Gott gibt dem Müden Kraft und dem Schwachen Stärke, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler. Wir sind Ihm nicht zu klein und unbedeutend, dass Er nicht an uns dächte. Das ist das Tröstliche und Wunderbare. Das macht Gott so wirklich unvergleichlich. Es gibt ein Kinderlied, das dieses doppelte Geheimnis Gottes besingt und nach diesen Worten Jesajas gedichtet worden ist: "Weißt du, wieviel Sternlein stehen?" Da wird auch anfangs die große Schöpfung Gottes besungen - "dass ihm auch nicht eines fehlet an der ganzen großen Zahl" von Sternen, Wolken, Fischen und Mücken - und dann wird am Schluss das kleine Menschenkind in den Mittelpunkt gestellt: " kennt auch dich und hat dich lieb!" Es ist nicht nur ein Kinderlied, oder wir sind doch alle vor Gott Kinder...

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Pfarrer Dr. Arndt Haubold
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