Predigt über die Kantate von Johann Sebastian Bach (BWV 84) - "Ich bin vergnügt in meinem Glücke"
Predigt vom 13.04.25 (Pfarrerin Kathrin Bickhardt-Schulz) Ort: Kirche Großstädteln
Predigt zu Palmarum 2025 zur Bachkantate: „Ich bin vergnügt in meinem Glücke“
Liebe Gemeinde, liebe Kunstinteressierte,
Vergnügt sein im Glück sein, glücklich sein, wie äußert sich das? Können wir das heute noch empfinden?
Ist es so wie in einer der berühmtesten Geschichten der Bibel beschrieben, als Jesus in Jerusalem einzog, und die Bewohner Jerusalems ihn mit Palmzweigen entgegenlaufen und „Hosianna„ rufen, d.h. „Hilf bitte“. Einem gottesfürchtigem Friedensfürsten entgegenrufen und jubeln, einem, der die Herrschenden damals in Frage stellte und alle Hoffnungen auf ihn setzen, würde uns das nicht auch heute glücklich machen? Endlich kommt einer, der was anderes lebt, als eigenes Machtdenken in das Zentrum seines Handelns zu stellen und zu verteidigen und Kriegsgstüchtigkeit herzustellen.. Das würde uns sicherlich glücklich machen, jedenfalls die meisten Menschen auf der Erde.
Der kanadische Wirtschaftswissenschaftler John Helliwell schrieb am World Happiness Report 2025 mit und eben bestätigt, dass das persönliche Glück neben der Regierung auch etwas mit der Gesellschaft zu tun hat: Er schreibt:„Wenn Sie eine unbekannte Person auf der Straße für einen Freund halten, den Sie noch nicht kennen, dann verhalten Sie sich ganz anders, als wenn Sie dem Unbekannten gleich misstrauen“.
Das Glück also hat etwas mit jedem einzelnen zu tun, mit einem Staat der sich kümmert , der Chancengleichheit für alle in den Bereichen soziale Beziehungen, Gesundheit und Wirtschaft befördert. Und das soll möglichst ab dem ersten Tag des lebens garantiert sein.. Das gibt Menschen Sicherheit und Zufriedenheit. Zum achten Mal in Folge ist es Finnland, das in diesem jahr an Platz eins des Weltweiten Reports steht. Dort sind die Menschen am Glücklichsten. Das Leben in Finnland ist geprägt durch das fürsorgliche Miteinander der Menschen, das wiederum vom finnischen Staat tatkräftig unterstützt wird. Das Motto in der finischen Gesellschaft lautet: Caring and sharing“ Sich kümmern und Teilen. In Finnland bekommt jede Familie z B. , die ein Kind erwartet, eine komplette hochwertige Erstausstattung für die Bekleidung des Babys vom Staat geschenkt. Das ist ein wunderbares Zeichen.
In der Kantate von Johann Sebastian Bach, die wir gerade gehört haben geht es um das persönliche Wohlergehen. Es heißt „Ich bin vergnügt in meinem Glücke“ in der Kantate, die vermutlich der Dichter Christian Friedrich Henrici , genannt Picander stammt. Der allerdings geschrieben hatte: „Ich bin vergnügt in meinem Stande, den mir der liebe Gott beschert.“ Bach selbst hat „Stand“ in „Glück“ geändert. Vermutlich war er in seinem Stand nicht so vergnügt und ahnte, dass innere Unbeschwertheit, wirkliches Glück sich nicht aus den äußeren Umständen speist. Das lässt sich leicht nachvollziehen, denn sein Stand, seine Berufswirklichkeit, war geprägt von Auseinandersetzungen mit vorgesetzten Behörden, übermäßigen Alltagsbelastungen und mancherlei Dünkel. Bach wehrt sich in protestantischen Geist gegen die Verhältnisse, schrieb Beschwerdebriefe und eben diese Kantate.
In schwierigen Situationen , die Menschen von außen bedrohen und in ihrer Freiheit einengen, fällt der Blick oftmals auf religiöse und biblische Inhalte. So auch war es bei den beiden Künstlern, die hier in der Kirche Großstädteln gemeinsam am Werk waren. Beide waren in einer langjährigen Freundschaft verbunden. Oft besuchte Christoph Grüger Elly Viola Nahmmacher in Greiz. Sie aßen zusammen und tauschten sich aus. Beide konnte ihre Kunst überwiegend nur in Kirchen und kirchlichen Räumen zur Geltung bringen. Während Christoph Grüger sich hier in der Kirche mit Taufe und Pfingsten beschäftigte, zusehen hier in den beiden Nord- und dem Südfenster, konzentrierte sich Elly Viola Nahmmacher auf den Leidensweg Christi und sein Kreuz. Taufe und Pfingsten sind Anlässe im Leben eines Menschen, die in die Gemeinschaft führen und Gemeinschaft im Geist Christi ermöglichen , während die Betrachtung des Kreuzes und des Kreuzweges eher zur eigenen Betrachtung und Stärkung des Glaubenden führt. Ergänzt hat Christoph Grüger den Kreuzweg durch seine Auferstehungsfenster, in der Apsis zu sehen. Sie bringen das Licht vom Himmel am Ostermorgen in die Kirche. Das Licht leuchtet die Kirche aus, das Kreuz Christi und uns selbst.
Das persönliche Wohlergehen , das Glück, das Heil, liegt für Bach in der Durchdringung von Christus und seinem Leiden. Und das ist möglich innerhalb Gottes unendlicher Nähe in seiner Gnade.
So passt die Kantate durchaus in die Passionszeit, weil das Glück von dem Bach spricht und komponiert, das Leiden Jesu am Kreuz und die Liebe, die ihn trug und die er ertrug, uns zum Heil geworden ist. So heißt es: „Mir genüget, wie mein Gott es füget. So zeigt er mir, dass er mich liebt“.
Diese Gnade ist kein Besitz, sondern Geschenk, das dem Zweifel und dem Misstrauen ausgesetzt ist. Da wird daran deutlich, das „der Mensch so ungeduldig ist, sich „Oft betrübt“, wenn es im Leben nicht genug gibt. Das alte Glücksstreben, das nie genug hat, bricht immer wieder auf, und muss immer wieder zurückfinden zur Fülle in Gott, wissend , dass der Mensch kein Recht darauf hat. So kann es durchaus genug sein, „dass ich nicht hungrig darf, d.h. muss zu Bette gehen“. Der Glaube hat, wie die zweite Arie ausführt, Freude am wenigen, gönnt dem Nächsten, was er hat ohne Neid, er hat ruhiges gewissen, fröhlichen Geist, ein dankbares Herz, das loben und preisen kann, denn das Mitsein des Heils, der Segen, „verzuckert die Not“ Das bedeutet nicht, dass hier das Leiden übertüncht wird, „ im Schweiße meines Angesichts muss ich mein Brot genießen“ meint, dass das Heil noch nicht vollendet ist. Erst wenn das Ende des Lebens bevorsteht wird der Gnadenlohn , den Gott gibt nicht nach meiner Leistung ausgezahlt, sondern aufgrund seiner Liebe zu mir. Wer sein Leben nicht allein für sich lebt, sondern auf Gott traut, und seine Nähe , die in Christus in die Welt gekommen ist, dessen Leben wird gut enden. Weil wir von der Vollendung wissen, weil wir darauf vertrauen, dass unser Leben zu Gott hin offen ist, dass es auch über die Grenzen hinaus eine Zukunft hat, darum fürchten wir uns nicht.
Daraus gewinnen wir Freiheit für unser Leben, auch unsere Gemeinschaft zu gestalten. Wir gewinnen die Freiheit auch zur Gegenrede, wo wir in Kirche und Gesellschaft Probleme sehen. Das Geschenk der Freiheit, der Liebe, der Nähe Gottes empfangen und damit unser Leben gestalten, das ist unsere Aufgabe. Elly Viola Nahmmacher und Christpoh Grüger lebten in der inneren Freiheit, die dem Glauben entspringt. Es war ein Geschenk in Zeiten der Diktatur und Unfreiheit.
Liebe und Nähe und Würde muss der Bürger sich nicht verdienen, sondern sie sollen jedem Menschen überall auf der Welt zuerkannt werden. Und das gilt zuerst für unsere Kinder, die Gewinnländer bei PISA fordern nicht vorrangig von Kindern alles mögliche, sondern sie „fördern zuerst“ Sie sorgen dafür, dass sie Räume haben, in denen sie kindgemäß leben können, unterstützen Eltern, die ihrer Erziehungsaufgabe nicht nachkommen können.
Ein weiter Weg mögen Sie denken, vom Glück und Heil, von der Geborgenheit, dem Leidensweg Jesu, der Zuversicht, die daraus erwächst hin zu den Ergebnissen der PISA-Studien.
Ja in der Praxis ein weiter Weg, mitunter mühsam und beschwerlich, Aber es ist genau der Weg, der Menschen von Gott her zugedacht ist. Vom Glauben an Gott und dem Zutrauen zu ihm gehen wir hinaus ins aktive Leben. Das wir dies können, das ist unser Glück.
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