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Predigt zu Lukas 1, 26-45, am 4. Advent 2022
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Predigt zu Lukas 1, 26-45, am 4. Advent 2022

Predigt vom 18.12.22 (Pfarrer Frank Bohne) Ort: Martin-Luther-Kirche

Hier können Sie das Glockenläuten der Martin-Luther-Kirche hören.

Der Predigttext wurde als Teil des Evangeliums des Sonntags gelesen.

Der Lobgesang der Maria (Magnifikat) wurde als Psalm zu Beginn gebetet.

Liebe Gemeinde!

Liege ich richtig, wenn ich denke, dass Advent bei Ihnen vor allem das Gefühl anspricht? Wenn ich falsch liege, sehen Sie es mir bitte nach, ich habe 14 Jahre im Erzbgebirge gelebt… Dort wird die Adventszeit als die schönste im Jahr regelrecht zelebriert, und dabei viel Wert auf Gemütlichkeit gelegt. Mit Betonung auf „Gemüt“. Räuchermännel und Weihnachtsengel, Bergleute und Krippenfiguren, Pyramiden und Leuchter  - in christlichen wie nichtchristlichen Häusern. Doch so traditionell das alles wirkt, all das Lichteln und Schmücken ist kaum 150 Jahre alt. Erst so kurz feiert man Advent als „voreihnachtliche“ Zeit. Ein Augenzwinkern der Geschichte. Oder wie’ s andere merkwürdige Leute sagen würden: ein Fliegenschiss…
Weit über fünfzehnhundert Jahre war es ganz anders. Die Kirchen des Ostens kennen bis heute keinen Advent. Nur im Westen, in Gallien und Rom, bereiteten sich Gläubige ab dem Tag des Heiligen Martin, (dem 11.November) über 7 Wochen hin auf ihre Taufe vor, die man am 6. Januar, dem alten Gedenktag der Taufe Jesu, beging. Solches Vorbereiten tat man mit Beten und Fasten. Bis ins 11. Jahrhundert gab es in etlichen Teilen der Kirche deshalb sogar 6 Adventssonntage. Erst im Mittelalter wurden die heutigen vier Sonntage bestimmt.
Unsere eher sparsame Liturgie und die violetten Paramente am Altar zeugen bis heute davon, dass es im Advent um recht ernste Dinge geht.Sich bewusst vorzubereiten auf die Christgeburt, das verdanken wir den Adventsfeiern des Rauen Hauses bei Johann Hinrich Wichern. Aus Herrnhut kam dann der Stern. Und die Jugendbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts steuerte den Adventskranz bei.
Blättern wir in unseren Gesangbüchern, begegnen uns unter den Adventsliedern kaum solche, die die Weihnachtsgeschichte beleuchten. Statt dessen werden herbe, ernste Töne angeschlagen: „Mit Ernst, o Menschenkinder, zu dieser heilgen Zeit…“ „Nun jauchzet all, ihr Frommen…“  Wohlgemerkt: Nur die Frommen!
Adventus – griechisch Parusia, heißt Ankunft, Wiederkunft und bezieht sich nie auf Weihnachten. Eher sind unsere Endlichkeit und die dieser Welt im Blick, nicht zuletzt auch unsere Verantwortlichkeit für die Dinge, die wir gestalten oder eben versäumt haben. Diese Ankunft, dieses Wiederkehren von Rechenschaft Jahr um Jahr rückt uns gewissermaßen immmer näher auf den Leib. Mit jeder roten Kerze, die wir Woche um Woche entzünden. Drei haben schon geleuchtet. Ab heute morgen auch noch Nummer Vier.
Gehen wir doch gedanklich jetzt einmal in unsere Stuben, zum Adventskranz oder dem betreffenden Leuchter mit den vier Kerzen. Halten wir inne, nehmen uns Zeit und holen noch einmal hervor, wofür die Kerzen in jeder Woche stehen. Und das schöne Lied: „Wir sagen euch an, den lieben Advent“, im Gesangbuch Nr. 17, hilft uns dabei.
Wir singen davon jetzt die Strophe.

Wir sagen euch an den lieben Advent. Sehet, die erste Kerze brennt!
Wir sagen euch an eine heilige Zeit. Machet dem Herrn die Wege bereit!
Freut euch, ihr Christen, freuet euch sehr! Schon ist nahe der Herr. 

Die erste Kerze. Sie meint: Da kommt ein König an. In Jerusalem. Macht hoch die Tür, macht Platz für ihn! Das Adventslied und Psalm 24 stehen Pate. Doch dieser König kommt anders als gedacht. Er haut nicht auf die Pauke, oder zumindest auf den Tisch, damit diese verrückte Welt wenigstens etwas in Ordnung kommt. Unscheinbar friedlich, auf einem Esel, angreifbar und verletztlich zieht er ein. Die Großen der Stadt lässt das kalt. Sie rollen ihm keinen Teppich aus. Nur wer die Not am eignen Leibe kennt, freut sich, hat einen Sensus für ihn, schmückt notdürftig mit Zweigen und Kleidern den Weg...

Dann kommt die zweite Kerze. Wir singen von unserem Lied die Strophe 2.

Wir sagen euch an den lieben Advent. Sehet, die zweite Kerze brennt!
So nehmet euch eins um das andere an, wie auch der Herr an uns getan.
Freut euch, ihr Christen, freuet euch sehr! Schon ist nahe der Herr.

Die 2. Kerze: Sie ermutigt und meint: Kopf hoch! Schaut auf das Ende, schaut auf das Ziel.! Konzentriert euch. Darauf, wo Sinn und Verstand, wo die Geschichte dieser Welt, wo die Hoffnungen Israels und so vieler glaubender Menschen zusammenlaufen. „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht…“ klingt es als Wochenspruch wie eine Fanfare am zweiten Sonntag im Advent. Die Erlösung, die geglaubt, erhofft, ersehnt wird, liegt verborgen in der alten Chiffre, dem Kommen des Menschensohns. Vom Himmel wird er kommen, sichtbar für alle. Es geht um die großen und wirklich wichtigen Dinge unseres Lebens. Verschüttet sie nicht unter Jingle Bells,  Plätzchenduft und Gemütlichkeit! Haltet sie wach, eure großen Träume, denn es lohnt sich. Potentaten und Diktatoren, Kriegstreiber und Schinder müssen weichen. Unrecht behält nicht das letzte Wort. „So nehmet euch eins um das andere an.“, haben wir gerade gesungen. Das ist das Wichtige. Setzt aufs Miteinander, so wie Gott es von Anfang an gedacht hat. Denn anderes: mein Leistungsverzeichnis, mein Bankkonto und die Fotoalben meiner vielen Urlaubsreisen  werden verblassen vor dem, was wirklich zählt: Deine und meine Zukunft bei Gott.

Wir singen von unserem Lied Strophe 3.

Wir sagen euch an den lieben Advent. Sehet, die dritte Kerze brennt!
Nun tragt eurer Güte hellen Schein weit in die dunkle Welt hinein.
Freut euch, ihr Christen, freuet euch sehr! Schon ist nahe der Herr.

Die dritte Kerze, der 3. Advent. Der ist wirklich herb... So tragt eurer Güte hellen Schein weit in die dunkle Welt hinein. Eine Bahn machen. Für Gott. Für die Güte. Eine Leuchtspur in die Finsternis, ein begehbarer Weg. Johannes versucht es. In der Wüste, spartanisch gekleidet ins Fell, nur von Insekten sich nährend, spricht er die Mächtigen und Etablierten, doch auch die ganz normalen Durchschnittsmenschen auf ihre Verantwortlichkeit an. Gott kommt. Durch die Alltagswüsten bricht ER sich Bahn. Berge von Schuld müssen schwinden, Gräben zwischen Menschen zugeschüttet werden. Rechnest du noch mit IHM, mit Gott? Wenn ja, dann kehr um! Mach Inventur in deinem Leben! Was hat vor IHM Bestand, und was nicht? Buße ist die Form, mit IHM ins Reine zu kommen. Der dritte Advent ist hart: Ich soll mich mit mir selbst befassen. Was in mir grade oder und krumm ist…

Nun brennt auch die 4. Kerze. Die Woche des 4. Advent. Der ist der Zarteste, der Überraschendste von allen. Maria singt vom Heiland, der sich bei ihr leibhaftig angemeldet hat. Ihr geht der Mund über, weil das Herze voll ist. Voll Freude läuft zu ihrer Cousine Elisabeth, um ihr von ihrem Gllück zu künden. Ins Irdische will ER kommen. Ins Kleinklein, der große Gott. Ganz hinunter will ER, damit ihn die, die unten sind und ihn am nötigsten brauchen, auch ja nicht übersehen! Die Hungernden, die Blinden, Kranken, Verzweifelten. Für sie alle bringt er Freude, Zukunft. Sie sollen aufatmen. Der Rest wird sich wundern!

„Mache dich auf und werde licht!“, heißt es in der vierten  Strophe von unserem Lied. Doch wie macht man/ wie macht frau das? Sich aufmachen und licht werden? Indem ich ihm entgegen gehe, wie Maria und Elisabeth? Auf halbem Wege will ER mir begegnen. Soll ich mein Herz für ihn öffnen? Passt ER da rein? In diese Mördergrube aus Selbssucht und Frust? „Ja“ sagt ER. „Es wird schon gehen.“ Er zwängt sich hinein. Dafür macht ER, Gott, sich ganz klein. Damit er mit seiner himmlischen Freude in mir wohnen kann. Paulus hat es erlebt, mitten im Größenwahn hatte ihn derselbe Herr vom hohen Ross geholt. War eingezogen in ihm und hatte die innere Leere ausgefüllt. Freut euch im Herrn allewege. Immer und immer wieder sage ich euch: Freut euch. Der Herr ist nahe. Er ist ja in mir drin. So singt Paulus in der Epistel.
In meinem kleinen, manchmal verbitterten, finsteren Herzen, da richtet er sich ein. Nicht nur nach Bethlehem in die Krippe vom Stall will er hin. Denn da war er doch schon, was soll er noch dort? Nun will ER vor allem zu dir und zu mir... Der 4. Advent. Der Herzens-Advent. Seine vierte Ankunft, in dir. Gott wird heimisch. 

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Advent – das heißt Ankunft. Wiederkunft. Alle Jahre wieder.

So rückt der Kommende uns auf den Pelz. Woche um Woche, Kerze um Kerze. Wer hätte das gedacht... Ob uns das überhaupt lieb ist, jedes Jahr, wenn wir auf Weihnachten zugehen? Oder lieber doch nur das liebliche Kind von dermaleinst besingen?
Doch es bleibt ja nicht bei dem süßen Jesulein. Aus dem holden Knaben mit lockigem Haar wird ein dunkelhaariger, erwachsener Mann, der all das einlösen wird, was wir im Advent, Kerze um Kerze, Sonntag um Sonntag erwarten:
Den König.
Den Erlöser.
Den Richter.
Den Heiland meines Herzens.

In der Welt war er schon. Als Auferstandener war er da, und irgendwann kommt er auf intensive Weise auf jeden Menschen zu: die Gestrigen, die Heutigen und die Künftigen.
Klar und deutlich kommt ER. Manche sagen „streng“. Und zugleich mit einem unergründlich weiten Erbarmen. Amen.

Wir singen vom Lied die 4. Strophe.

Wir sagen euch an den lieben Advent. Sehet, die vierte Kerze brennt!
Gott selber wird kommen, er zögert nicht. Auf, auf, ihr Herzen, jund werdet licht!
Freut euch, ihr Christen, freuet euch sehr! Schon ist nah

 

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Pfarrer Frank Bohne
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