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Predigt über Matthäus 2, 1-11 zu Epiphanias, 6. Januar 2023, im musikalischen Gottesdienst
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Predigt über Matthäus 2, 1-11 zu Epiphanias, 6. Januar 2023, im musikalischen Gottesdienst

Predigt vom 06.01.23 (Pfarrer Frank Bohne) Ort: Martin-Luther-Kirche

Hier können Sie das Glockenläuten der Martin-Luther-Kirche hören.

Evangelien-Lesung

Da Jesus geboren war zu Bethlehem im jüdischen Lande, zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen die Weisen vom Morgenland nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten. Da das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm das ganze Jerusalem.
Und ließ versammeln alle Hohenpriester und Schriftgelehrten unter dem Volk und erforschte von ihnen, wo Christus sollte geboren werden. Und sie sagten ihm: Zu Bethlehem im jüdischen Lande; denn also steht geschrieben durch den Propheten: "Und du Bethlehem im jüdischen Lande bist mitnichten die kleinste unter den Fürsten Juda's; denn aus dir soll mir kommen der Herzog, der über mein Volk Israel ein HERR sei." Da berief Herodes die Weisen heimlich und erlernte mit Fleiß von ihnen, wann der Stern erschienen wäre, und wies sie gen Bethlehem und sprach: Ziehet hin und forschet fleißig nach dem Kindlein; wenn ihr's findet, so sagt mir's wieder, dass ich auch komme und es anbete. Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin.

Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen hin, bis dass er kam und stand oben über, da das Kindlein war. Da sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe. Und Gott befahl ihnen im Traum, dass sie sich nicht sollten wieder zu Herodes lenken; und sie zogen durch einen anderen Weg wieder in ihr Land.

Liebe Gemeinde!

Kinder ziehen durch die Straßen. Sammeln für einen guten Zweck. Dafür singen sie, laut und schief. Sie lieben es, sich zu verkleiden: Bunte Umhänge. Kronen, Tuban. Da mischt sich auch schon mal eine Königin unter die Heiligen. Eine Prinzessin im rosa Kleid.
Manches Kind muss das Gesicht nicht mehr braun färben. Weil er/ sie unter anderer Sonne geboren ist.
„Wie niedlich“, denken die Erwachsenen in katholischen Gemeinden. Greifen tiefer ins Portemonnaie, öffnen Keks- und Bonbondosen.
Wenn die Schar dann weiterzieht, bleiben über der Tür neben der Jahreszahl aus Kreide drei Kürzel zurück. „C + M + B.“  Die sind dagewesen. Caspar Melchior Balthasar. Vielleicht auch Cedric, Marvin, Benne, wer weiß das schon so genau.
Szenen, wie sie sich heute Abend zu hunderten, tausenden abspielen. Sogar am Bundeskanzleramt. Die Tagesthemen werden darüber berichten. Als Kulturbeitrag, eher am Schluss. Immerhin, es ist die letzte biblische Geschichte, die – noch - in der Öffentlichkeit inszeniert wird. Krippen- oder Osterspiele, gar andere biblische Stoffe, gibt’s nur noch in der Kirche. Die drei Könige haben sich wacker gehalten auf der Straße. Wenn auch nur als Kinderaufzug in hübscher Verkleidung.
Das Original war weniger beschaulich. Drei Könige, oder doch nur Weise?
Sternendeuter, gar Magier? In jeder Weihnachtskrippe werden sie nobler, extravaganter dargestellt als die übrigen Beteiligten: ein heruntergekommenes, erschöpftes Paar namens Josef und Maria, die verwahrlosten Hirten...
Zur Krippe waren die Drei nicht aufgebrochen. Sie suchten den neugeborenen König der Juden, dessen Stern sie aufgehen sahen, ganz woanders. Wie selbstverständlich ziehen sie zuerst zur Schaltstelle der Macht. In die Hauptstadt Jerusalem, zum Palast des schon damals berüchtigten Herodes. Viele seiner Verwandten und Sprößlinge hatte er umbringen lassen. Deshalb war er ja drei Jahrzehnte auf dem Thron...
Wo ist der Neugeborene König der Juden? Die Frage der Reisenden setzt am Königshof eine eigentümliche Mechanik in Gang. Macht, die auf Selbsterhalt sinnt und politischen Serien aus Hollywood in nichts nachsteht. Herodes hört das Ansinnen und reagiert geschickt. Vorhersehbar. König der Juden... - klingt nach Konkurrenz.
Putschverdacht liegt über dem Regierungszimmer. Er ruft nach Leuten, die es wissen müssen: Schriftgelehrte, Beamte. Tatsächlich gibt es im Regierungsbezirk noch biblischen Sachverstand. Sie weisen auf die alte Davidssstadt: Bethlehem. Bet- lächäm. Haus des Brotes übersetzt.
„Wes’ Brot ich ess, des’ Lied ich sing.“ Herodes weiß das, und gibt den Weisen einen Auftrag: „Forscht und bringt mir das Ergebnis! Dass auch ich es mir zu Herzen nehme, und anbete…“ Die Lüge des Herrschers wird nur schwer zu überhören gewesen sein.
Gott befiehlt jenen Weisen, die man deshalb später heilig nennen wird, auf anderm Wege in die Heimat zurückzukehren und nicht zu Komplizen des Herodes zu werden.
Der lässt in jener Gegend gleich alle Jungen unter zwei Jahren töten. Ein Massaker, das als Teil der Weihnachtsgeschichte in der Regel lieber weggelassen wird, denn ganz jugendfrei ist er wohl nicht. Wenn, dann wird er gelesen in deutlich schlechter besuchten Gottesdiensten aller Jubeljahre, falls nicht auch dort eine Weihnachtspredigt in die Wiederholungsschleife geht...
Der Kindermord zu Bethlehem. 28. Dezember. Tag der Unschuldigen Kinder. Auch sie „Comites Christi“. Begleiter, Mitopfer Christi.
Damit dieser Christus seine Kritik an Unrecht, an Gewalt und Verlogenheit dreißig Jahre später in ganz Juda und Galiläa predigen kann, damit er nicht die Mächtigen, sondern Arme und Geschundene „selig“ nennen kann, bedarf es der Entschlossenheit eines andern: Josef, Zimmermann aus Nazareth. Gottes Engel erscheint ihm im Traum, heißt es. Er nimmt Mutter und Kind und rettet den Retter der Welt. Als Flüchtlinge entkommen sie nach Ägypten. Ausgerechnet in jenes Land, aus dem Juden schon einmal fliehen mussten. Bei Matthäus wird Ägypten zur Kinderstube für den Retter und Erlöser.
Es ist schon merkwürdig, wie Gott mit den Verhältnissen spielt. Sie auf den Kopf stellt, um bei seinen Leuten zu landen. Fleisch zu werden. Anzukommen: Ein verkorkster Geburtstagsbesuch von drei Weitgereisten an die falsche Adresse, Finten und Lügen,  ein Massenmord, und eine eben noch geglückte Flucht. Der Niedlichkeitsfaktor dieser Erzählung ist, verglichen mit den Sternensingern, eher gering.
Was hat sich Matthäus nur dabei gedacht? Doch Matthäus, der bibelkundigste unter den Evangelisten, wäre eben nicht Matthäus, wenn er damit nicht eine klare Absicht verfolgt.
Der Besuch dieser Weisen, zunächst in Jerusalem, und dann doch noch auf Umwegen beim Heiland der Welt, er hat ein biblisches Vorbild:Tausend Jahre früher war schon einmal eine Königin gekommen, um sich zu überzeugen vom Heil der Juden, der Macht und Pracht ihres Gottes. Die Königin von Saba besucht den weisen König Salomo. Auch sie bringt Gold, Schätze, Spezereien, um den König der Juden zu beschenken. Und ihr Eindruck von Salomos Weisheit, auch von seiner Ehrfurcht vor dem Gott des Volkes Israel, hat schwer beeindruckt. Auch sie fällt auf die Knie….  Es ist genau diese Spur, die Matthäus in unserer Geschichte legen will.
Macht und Weisheit, die Wissenschaft des Ostens, sie beugen sich vor dem König der Juden. Schon damals vor Salomo. Doch nicht vor seiner weltlichen Erscheinung, seiner Hofhaltung und menschlichen Gestalt. In vielem glich auch er einem altorientalischen Despoten. Auch an ihm gab es eitle, korrupte Seiten. Doch vor DEM, der hinter ihm steht, ihn zu dem gemacht hat, was er ist in Israel: die Güte Gottes, davor beugen sich die Knie. ex oriente lux…? Wie später der Lateiner sagt? Nein. Nicht per se. Wo der Gott der Bibel, wo der Gott Israels erschient, da ist das Licht. Und wenn’s im finstern Winkel wär’. Einem Gebirgs-Nest namens Bethlehem, mit drei Häusern, vier Spitzbuben und fünf Hügeln, auf dem sich ein paar Schafe gute Nacht sagen. Doch wenn Gott will, dann zieht sogar dort sein Licht auf. Scheint die Freundlichkeit und Gerechtigkeit Gottes auf, die Mächtige vom Thron stürzen und die Armen erheben wird.
Zunächst unscheinbar als Stern über einem Haus, wo das Kind armer Leute lag… Später leuchtet es in Galiläa, am Jordan.In Kana wird es aufscheinen, dasselbe Licht, auf einer Hochzeit armer Leute. Dann im dunklen Krankenzimmer eines heidnischen Soldaten, der in einem jüdischen Rabbi auch seinen Heiland erkennt. Gottes Licht geht auf über öder Straße bei hunderten herumlungernden, hungrigen Mäulern. Im Haus der Witwe, deren Sohn und Versorger gestorben war.
Ein paar Blinden erhellt dieses Licht die Augen, und ein paar Lahme bringt dieses Licht auf Trab.
Das Licht erstrahlte auf jenem Berge, wo Jesus die Armen und Schwachen glücklich preist. An ihnen, den für die Gerechtigkeit Geschundenen wird sich das Himmelreich zeigen. So will es Gott.
Und später, im 12. Kapitel seines Evangeliums, wird Matthäus den anfänglichen Erzählfaden wieder aufnehmen: Jesus weist Schriftgelehrte zurück, die von ihm ein Zeichen, ein Machtwort verlangen. Doch Jesus lehnt ab.
Wozu machtvolle Zeichen führen, das hatten die Opfer Bethlehems bitter erfahren. Solche Zeichen braucht und will er nicht. Es muss reichen, das göttliche Licht im Alltag zu suchen und zu finden. Dort, wo Gott hin, wo er ankommen will. Wenn er denn schon Mensch wird, wie unsereiner...
Beim Jüngsten Gericht werdet ihr von der Königin von Saba verdammt“, wirft er den religiösen Führern entgegen. Sie kam, um die Weisheit des großen Salomo zu hören. Doch hier und jetzt, bei euch, ist mehr als Salomo.
Jesus nimmt die einstige Königin - das Vorbild der drei Weisen - zur Verbündeten. Sie hatte, wie die drei Weisen, begriffen, dass es auf eine andere verborgene göttliche Wahrheit ankommt.

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Die Botschaft vom Heil, das kommt für alle Welt, war schon damals schwer zu glauben. Gottes Liebe ist nicht auf Israel begrenzt, sagt Matthäus. In Bethlehem vor den drei Weisen, vielleicht waren es auch nur Astrologen, gar Magier …, ist die Grenze überschritten. Am Jordan ist sie überschritten, auf Golgatha, und dann im leeren Grab. Bei Gott werden Räume geöffnet. Aus einem jüdischen Berg-Nest nehmen die Fremden die Freude über Gottes Liebe mit nach Haus, in ihr Volk, ihr Land, ihre Kultur. Und am Ende des Matthäusevangeliums werden Jünger in alle Welt gechickt, Menschen einzuladen zu derselben Liebe.
C + M + B.  Cedric, Marvin und Benne... Oder wie sie heißen mögen: Sie inszenieren die Grenzüberschreitung Gottes. Klingeln an fremden Türen. Schreiben putzige Zeichen an den Rahmen...
Gott sei Dank wird solche Grenzüberschreitung nicht bloß in den Kirchen gefeiert. Sondern auf der Straße von Kindern breitgetragen. Matthäus, denk ich, würde das freuen.

Amen.

 

 

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Pfarrer Frank Bohne
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