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Predigt am Sonntag Exaudi zu Jeremia 31,31-34
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Predigt am Sonntag Exaudi zu Jeremia 31,31-34

Predigt vom 24.05.20 (Pfarrer Frank Bohne) Ort: Martin-Luther-Kirche

Hier können Sie das Glockenläuten der Martin-Luther-Kirche hören.

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!

Jeremia 31, 31-34

Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, mein Bund, den sie gebrochen haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der HERR; sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der HERR: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein. Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: »Erkenne den HERRN«, denn sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß, spricht der HERR; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.

Liebe Gemeinde, 

Was ist ein Bund? Gebunden werden Blumen für die Vase. Das Bund Möhen für den Eintopf. Frühlingszwiebeln für den Salat. Mit Faden oder Gummiband wird zusammengeschnürt, was zusammengehört. Nach Art, Aussehen oder Zweck. Gebunden, damit nichts verlorengeht. Geht so was denn mit Gott und uns? Mit dir und mir und unserm Herrn, dem Schöpfer der Welt?
Ja, es geht. In grauer Vorzeit, da hatten sich die Wasser gerade verlaufen. Noah hatte die Flut überlebt. Glücklich waren er und die Seinen aus der Arche gestiegen. Sie hatten wieder Boden unter den Füßen, bauten als erstes Gott einen Altar und beteten ihn an. Und Gott? ER sprach: Ich richte einen Bund mit euch auf und euren Nachkommen. Ja, allem was lebt. Die Erde soll nicht wieder untergehen. Das sei mein Zeichen: Schaut den Bogen am Himmel! Friede zwischen Himmel und Erde. Ein Lebensbund.
Ja, es geht. Jahrtausende später: Mose hatte die Israeliten aus der Knechtschaft Ägyptens geführt. Dem Pharao und seinen Soldaten entkommen, den Wogen des Schilfmeers entronnen, zogen sie in die Wüste, schlugen am Sinai ihre Zelte auf. Und Gott? Er hieß Mose auf den Berg steigen. Gab ihm Weisung, zweimal geschrieben auf Stein. Damit es keiner je auslöschen kann: Du sollst nicht Götter haben neben mir. Sollst weder töten noch stehlen. Lieben sollst du - deinen Nächsten wie dich selbst.
Wollt ihr diesen Bund halten, dann seid mein Volk. Ich will euch schützen vor allen andern, wie mein Augapfel sollt ihr sein. Das war der Bund, den Gott mit Israel schloss. Zuspruch und Weisung. Ein Freiheitsbund.
Es geht, noch einmal Jahrhunderte später. In den Tagen, als der babylonische König Jerusalem eroberte. Jeremia hatte das Unglück kommen sehen. Stadt und Tempel wurden zerstört. Und das verheißene Land, das auserwählte Volk? Solcherlei Hoffnungen lagen in Schutt und Asche. Und Gott? Der sprach noch einmal. Durch seinen Propheten Jeremia. Gebeutelt vom Schicksal, geschmäht, geschunden und verachtet. Was hat er zu sagen? Man höre und staune:
Siehe, es kommt noch eine andere Zeit.
Da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen Bund schließen. Einen neuen. Nicht wie den Alten, den ich mit den Vätern schloss.

Keinen sichtbaren, gesetzt hoch in den Himmel. Das wäre zu weit als Überlebensbund. Denn nicht Gott, sondern wir selbst machen die Erde kaputt. Auch keinen Bund, aufgeschrieben als Vorschrift und Gesetz. Wenn keiner guckt, hält sich eh' keiner dran. Nicht als Urkunde in dreifacher Ausfertigung, was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen…  Was sollte es dort, seid ihr bei euch selbst zu Haus? Der neue Bund, der muss woanders hin: Der muss viel näher an euch ran. Der muss in euch hinein. Der geht euch unter die Haut. Den leg ich euch ans Herz.
Diese Gottesabsicht verkündet Jeremia seinen Leuten. Er ist weit davon entfernt, seine Nachbarn, die Geschwister im Gottesvolk zu schelten. Er zieht auch keine voreiligen Schlüsse: Weil ihr da und dort versagt habt, hat es so kommen müssen... Jeremia greift viel tiefer: Er weiß, dass viele seiner  Zeitgenossen geglaubt haben. Wirklich ernstlich an Gott geglaubt haben.  Sie haben versucht Gott zu erkennen, seinen Willen zu tun, ihre Kinder das Gottvertrauen und die Gebote zu lehren. Es hat nicht funktioniert. Sie sind gescheitert, wie er selbst.
Scheitern an Gott? Damit ist Jeremia damit nicht allein. Am Ende vom Buch der Sprüche wird uns ein Mann mit Namen Agur vorgestellt. Er lebt in Massa in Arabien. Der hat dieselbe Erfahrung gemacht. Ein Leben lang hat er nach Gott gesucht, hat alles für seinen Glauben getan. Und dann seufzt er dennoch verzagt.
Dumm wie ein Vieh bin ich statt eines Menschen. Und keine Einsicht eines Menschen habe ich, und keine Weisheit habe ich gelernt, so dass ich Erkenntis des Heiligen hätte, dass ich Gott wissen könnte.“ Sprüche 30,1-3.
Agurs Versuche - hin zu Gott - sind gute Wege in der Bibel. Viel besungen, gepriesen und gelobt: Einsicht und Erkenntnis. Weisheit. Lernen und Lehren. Nichts half ihm Gott zu finden. Alles vergeblich. Gescheitert: Agur, der Fromme aus Massa in Arabien. Er musste erleben, dass er Gott nicht verstehen kann. In Sachen Gott blieb er dumm wie das Vieh…
Und jenem Menschen, der das Folgende geschrieben hat, ging es ähnlich. Sie können ja mal raten, von wem es stammt:
„In meinem Innern ist es eiskalt. Abgewiesen – leer – kein Glaube. Keine Liebe, kein Eifer. Der Himmel bedeutet mir nichts mehr…  Für mich schaut er aus wie ein leerer Platz. Die Einsamkeit des Herzens, das nach Liebe verlangt, ist unerträglich. Wo ist mein Glaube? Selbst tief drinnen nichts als Leere und Dunkelheit. In meiner Seele fühle ich diesen furchtbaren Schmerz: Dass Gott mich nicht will. Dass Gott nicht Gott ist. Dass Gott nicht wirklich existiert. Wenn es Gott gibt, verzeih mir bitte.“
Wer schreibt diese Wucht an Zweifeln? Sie stehen in den Tagebüchern von Mutter Teresa von Kalkutta. Verehrt als tiefgläubige Frau, die viel Gutes getan und bei andern bewirkt hat. Sie aber schreibt: „Wenn ich je eine Heilige werde, dann gewiss eine Heilige der Dunkelheit.“ Wenn dann Zeitungen diese Worte zu enthüllen meinten und ihr „heimlichen Atheismus“ unterstellten, dann steht eines fest: von Teresa von Kalkutta hatten sie nichts verstanden.
Teresa zweifelt und verzagt, dass Gott ihr fremd geworden ist. Und zugleich bleibt sie die tiefgläubige Frau bis an ihr Lebensende. Und genauso bleibt Agur aus Arabien ein frommer Mensch. Er wird in der Bibel zitiert. Es wird zu Gottes Wort.
Wie geht das zusammen, dass jemand, der Gott nicht sieht, der zweifelt und nicht findet, dennoch tiefgläubig - fromm sein kann? Jeremia nennt das den Neuen Bund. Zwischen Glaube und Unglaube, zwischen Scheitern und Neuanfang ruft er das Gotteswort:
Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben, in ihren Sinn schreiben. Ich will ihr Gott sein. Sie sollen mein Volk sein. Und keiner wird den andern lehren: „Erkenn den Herrn“, denn sie alle, Groß und Klein sollen mich erkennen, spricht der Herr.
Die menschlichen Wege zu Gott sind gescheitert. Ja, sie können enden in Leere und Eisamkeit. „Ich habe keine Erkenntnis von Gott“, sagt Agur. „Gott ist nicht, Gott ist nicht wirklich“, schreibt Teresa von Kalkutta.
Aber Gott antwortet: Ich schreibe mich euch ins Herz. Ich komme selbst zu euch hinein. In euern Verstand, in eure Seele, in euer Hände Werk. Selbst wenn eure Wege zu mir scheitern. Meine Wege zu euch scheitern nicht. Wo ihr versagt habt, setze ich Vergebung und Versöhnung. Eure Fehler sind Vergangenheit. Schaut, alles wird neu.
An den Grenzen unserer Möglichkeiten, im Niemandsland zwischen Glaube und Unglaube, genau dort stiftet Gott in uns seinen neuen Bund.
Wir kommen her von Himmelfahrt. Jesus ist in unsere Welt gekommen. Er lebte und starb als Mensch. Er ist auferstanden und zu Gott zurückgekehrt. Doch nicht ohne Gottes Geist zu versprechen, der kommen wird. Gott sucht und findet Wege zu uns. Bis in unsere Abgründe hinein. Bis dort hinein, wo es heißt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Dass ein Agur aus Arabien, dass eine Teresa von Kalkutta, dass du und ich in all unsern Zweifeln und mit unserm Unglauben glauben können - das macht Gott selbst. Nicht wir finden ihn, ER findet uns. Für den Neuen Bund sorgt er selbst. Er schreibt ihn uns ins Herz. Und schreibt dabei auf unsern krummen Linien grade.
Es ist ein hartes und zugleich ein schönes Prophetenwort, dieses Wort des Jeremia. Er ruft es im Scheitern, in den Trümmen von Jerusalem. Und dennoch strotzt es von Hoffnung,  Zuversicht, Gelingen. Eben ein echtes Gotteswort! Gott wird handeln: im Leben des Gottesvolkes Israel. Und auch im Volk der Christenheit, wenn Sie so wollen, dessen Erweiterung.
An Jeremia muss ich lernen, wie Zweifel und Scheitern dazugehören können. Auf der Butterseite des Lebens zu landen, muss nicht das Markenzeichen von uns Christen sein. Aber auf der Hoffnungsseite zu bleiben, das in jedem Fall. Wenn ich ihm, meinem Gott nur zutraue, dass er mir unter die Haut, bis in mein Inneres kommen und mein Herz verändern kann, dann ist nichts verloren. Dann bin ich nicht verloren. Dann ist mir vergeben. Und ich beibe in IHM. In seinem Lebensbund, seinem Freiheitsbund. Sein Neuer Bund für mich. Und in der Taufe – unter drei Händen Wasser - hat er bei dir damit angefangen. Amen.

 Liedstrophe nach der Predigt: EG 200, 4
Mein treuer Gott, auf deiner Seite bleibt dieser Bund wohl feste steh'n.
Wenn aber ich ihn überschreite, so lass mich nicht verloren geh'n.
Nimm mich, dein Kind, zu Gnaden an, wenn ich hab' einen Fall getan.“

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Pfarrer Frank Bohne
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