Predigt zum Ostersonntag 2020, Predigttext: Lukas 24, 36-45
Predigt vom 12.04.20 (Pfarrerin Kathrin Bickhardt- Schulz) Ort: Martin-Luther-Kirche
Hier können Sie das Glockenläuten der Martin-Luther-Kirche hören.
Lasst uns beten:
Ewiger Gott,
an diesem Morgen ist die Welt verändert worden,
was ohne Hoffnung war, begann neu zu leben,
wo wir den Tod sahen, hat die Zukunft begonnen,
von diesem Morgen an leben wir in einer neuen Zeit.
Lass uns Boten des Lebens und der Hoffnung werden,
lass uns in der Welt Zeichen der Zukunft setzen, mit der Kraft des Auferstanden Jesus Christus. Amen
Liebe Schwestern und Brüder!
In der Osternacht zünden wir in unseren Kirchen Kerzen an. Alpha und Omega steht darauf. Anfang und Ende bedeuten die beiden Buchstaben. Sie sind der Anfangsbuchstabe und der Endbuchstabe des griechischen Alphabets. In der Bibel stehen sie im Buch der Offenbarung des Johannes als Zeichen für Gott und Jesus Christus. Schöpfer und Vollender des Lebens und der Welt. In einem Kanon singen wir „Anfang und Ende liegen bei dir Gott, füll du uns die Hände!“ Wie schön – doch an diesem Osterfest sind unsere Hände leer. Wir sind verunsichert, weil wir nicht wissen, wie das Corronavirus sich ausbreiten wird. Wird es auch mich treffen? Oder Eltern oder Kinder ? Wir sind angespannt, weil wir jetzt in kürzester Zeit unser Arbeitsleben umstrukturieren mussten. Wir arbeiten teilweise mehr als sonst und auf Hochtouren. Oder wir sind plötzlich schon seit mehreren Wochen allein und können das Haus nicht verlassen, da wir zur Risikogruppe gehören. Manche betreuen und unterrichten ihre Kinder seit zwei Wochen zuhause und arbeiten abends dann für den Betrieb. Auch das hält Herausforderungen bereit. Und andere arbeiten Tag und Nacht in der Pflege und in den Krankenhäusern unter besonders harten Bedingungen.
Unsere Hände sind leer und wir halten sie Gott hin mit der Sehnsucht nach Fülle vom Himmel. So erging es auch den Jüngern Jesu, die nach dem Tod Jesu nach Ermutigung und Zukunft suchten.Wie kann es weitergehen? Miteinander tauschen sie sich aus. Zusammen trauern sie, wagen erste Schritte in die Zukunft, schöpfen Kraft aus der Gemeinschaft. Sie sitzen beieinander und sie hören gemeinsam „Friede sei mit euch!“ ( Lk 24,36) Völlig entsetzt meinen sie einen Geist zu sehen. Und sie fragen sich. Können wir unseren Sinnen trauen? Was könnte dagegen sprechen? Die Begegnung führt noch weiter: „Rührt mich an und seht: Ein Geist etwa hat weder Fleisch noch Knochen, wie ihr seht, dass ich habe. (Lk24,39) “Seht mich doch an: Meine Hände, meine Füße – und wie zum Beweis hält er ihnen die Hände hin, damit sie ihn anfassen, damit sie ihn be-greifen können. Er lässt sie mit Händen fühlen, dass er tatsächlich lebt. Ja, nach dem Hören und Sehen nun das Fühlen. Mit allen Sinnen erfassen die Jünger, was geschieht. Dann die Frage des Auferstanden: „Habt ihr etwas zu essen hier?“(Lk 24,41). Noch deutlicher kann Jesus nicht werden. Sie reichen ihm ein Stück gebratenen Fisch. Vor ihren Augen isst Jesus. Gibt es ein besseres ein überzeugenderes Zeichen: Einer, der im Tod gefangen war, lässt es sich wieder schmecken?! Die Botschaft zu schmecken, wird zum leiblichen Erlebnis. Aus ihr wächst Hoffnung und Zukunft. Sie hören, fühlen, schmecken und sehen. Sie erleben, was sein kann. Und schließlich erklärt Jesus noch einmal, dass alles, was geschehen ist, so geschehen musste. Sie selbst haben alles miterlebt, sagt er und sie sollen anderen davon weiter erzählen. Mit seinen Worten, mit seinen Gesten und Taten öffnet er ihnen den Sinn.
Liebe Gemeinde, ich glaube, wir können uns gut in die Situation der Jünger hinein versetzen. Unsere Fragen und Zweifel sind gar nicht so anders als die der Menschen damals. Wir kennen es doch auch: Glaube und Zweifel wechseln sich bei uns ebenso ab wie Zuversicht und Hoffnungslosigkeit. Mal gehören wir zu denen, denen das Herz brennt und manchmal sind wir auf der Seite derer, die mit verschlossenen Augen und Ohren durch den Tag gehen. Und nur, weil wir heute Ostern feiern, ist noch lange nicht klar, dass wir ein für alle Mal das Geheimnis der Auferstehung Jesu glauben können. Nur weil wir heute Ostern feiern, ist unser Leben nicht automatisch heil und glücklich. Wir sind darauf angewiesen, dass jemand kommt und uns öffnet für eine neue Sichtweise und Jesu neues Dasein verkündigt und ans Herz legt.
In der Seelsorge erlebe ich Menschen, denen es im Alltag genau so geht:
Ich denke an eine Frau, die mit ihrem Mann und der kleinen Tochter eigentlich ein glückliches Leben führt. Ich sage „eigentlich“, wäre da nicht ihr Gefühl, das sie für alles allein verantwortlich sei: Ob es der Lebensunterhalt ist, für den sie sorgt, oder der Haushalt oder die Erziehung des Kindes. Dabei hat sie einen liebevollen Mann, der immer wieder signalisiert: Ich übernehme schon meinen Teil der Aufgaben, wir können das doch zusammen hinkriegen. In ihren Gedanken und Überlegungen hat das aber gar keinen Platz: Sie macht ihrem Mann Vorwürfe, trifft Entscheidungen allein und immer wieder kommt es zu Konflikten und Auseinandersetzungen. Als eines Tages der Streit ausbricht, wird sie dabei sehr laut, und auf einmal beginnt die Tochter, die auf dem Fußboden spielt, bitterlich zu weinen. Sie erschrickt heftig, ihr fehlen die Worte, ihr gehen ihr die Augen auf. So kann und soll es auf keinen Fall weitergehen. Sie beginnt nachzudenken und lernt die Dinge neu zu sehen. Eine konkrete Auferstehungsgeschichte!
In diesen Tagen rief mich die Koordinatorin des Hospizvereins Leipzig an und sagte:“ Ich brauche Stoff, kannst du mal in den Gemeinden fragen, ob es Stoffreste gibt, auch Bettwäsche kann verwendet werden. Ich nähe den ganzen Tag Mund-Nasen-Masken. Selbst die Universitätsklinik und die Altenpflegeheime nehmen sie sehr gerne an. Und frag doch mal, ob Menschen mittun wollen. Schnittmuster gibt es auf der Internetseite des Hospizvereins. Ich liefere auch gerne die Vorlagen zum Nähen. So, jetzt muss ich wieder ans Bügelbrett und Ziehhamonikafalten bügeln. Die Nähmaschine muss kurz abkühlen. Bleib wohlauf!“ Wie wir wissen, ist der Mundschutz vor allem für andere Menschen wichtig, um sie zu schützen. Auf den anderen achten, ihn / sie schützen. Verantwortung übernehmen für die Gemeinschaft und Abstand halten und in alledem die Stille genießen – das ist Ostern 2020. Nach der Nachbarin schauen, etwas vor die Tür stellen, ein Osterlicht verteilen, wie viele Blättchenausträger es getan haben, Worte der Hoffnung an den Gartenzaun heften zum Mitnehmen. Eine Aktion für Konfirmanden ruft auf, Steine zu sammeln, darauf Hoffnungsbotschaften kreativ in Zeichen umzusetzen und zu gestalten und sie anderen vor das Haus zu legen. Ein Psalmwort, der eigene Tauf- oder Konfirmationsspruch werden jetzt für uns zu Ankern in der Osterzeit.
Unsere christliche Gemeinschaft, die mit eigenen Händen handelt, die den Weg in die Nachfolge mit den eigenen Füßen geht. Christliche Gemeinde lebt, die voller Hoffnung und Zuversicht mit allen Sinnen ihren Glauben lebt. So zünden wir nun eine Kerze zu Ostern an.
Wir feiern jetzt Ostern und lassen das Licht leben. Wir verbinden damit die Hoffnung, mit diesem Christus und seinem Licht zu gehen. Das Licht verbindet Christinnen und Christen im Glauben in der Welt und hier bei uns in Markkleeberg, Großstädteln und Großdeuben. Wir sind mit dem Alpha und Omega verbunden - jede und jeder, die wir 2020 die Hände ausstrecken nach Fülle. In diesem Sinne: Frohe Ostern!
Es grüßt Sie und Ihre Familien
Ihre Pfarrerin Kathrin Bickhardt-Schulz mit den Kirchenvorständen der Gemeinden
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