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Predigt zu Matthäus 3, 13-17 am 1. Sonntag nach Epiphanias (Fest der Taufe Jesu)
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Predigt zu Matthäus 3, 13-17 am 1. Sonntag nach Epiphanias (Fest der Taufe Jesu)

Predigt vom 10.01.21 (Pfarrer Frank Bohne) Ort: Martin-Luther-Kirche

Zu dieser Zeit kam Jesus von Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen. Johannes aber wollte es nicht zulassen und sagte zu ihm: Ich müsste von dir getauft werden und du kommst zu mir? Jesus antwortete ihm: Lass es nur zu! Denn so können wir die Gerechtigkeit ganz erfüllen. Da gab Johannes nach.
Als Jesus getauft war, stieg er sogleich aus dem Wasser herauf. Und siehe, da öffnete sich der Himmel und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen. Und siehe, eine Stimme aus dem Himmel sprach: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.

Liebe Gemeinde!

Gottes Liebe scheint auf in der Welt. Das meint „Epiphanias“. An den Sonntagen, die auf den Dreikönigstag folgen, gehen wir diesen Lichtspuren nach. Und die Taufe Jesu ist die erste. Seit alter Zeit erinnert die Kirche am heutigen Tag daran, dass Chrisus selber getauft ist. Mit Wasser, so wie wir. Wenn Sie so wollen, ist heute Taufgedächtnis für uns alle.

Wir machen uns klar, zu wem wir gehören: Zu dem, der in Bethlehem geboren ist und in einer Krippe gelegen hat. Ein Flüchtlingskind. Ein Messias für Lumpengesindel und Hirten. Und nun kommt er auch noch zu diesem barschen Wüstenprediger Johannes.

Auch in dieser kurzen Episode wird uns ein schlichter Jesus vorgestellt. Einer, der seine Herrlichkeit ablegt. Er kommt, stellt sich wie all die andern Sünder und verkrachten Existenzen in einer Reihe an -  und will in die trübe Brühe des Jordan. Doch als die Reihe an ihn kommt, hält das Rauh-Bein Johannes plötzlich inne. Soll er den sanften Gottessohn wirklich wie alle anderen rabenschwarzen Seelen hier ins Wasser tauchen? Hat sich Jesus das auch gründlich überlegt?

Im Bibelwort ist zu spüren: Hier geraten nicht nur völlig verschiedene Menschen aneinander, sondern vor allem entgegengesetzte Ansichten von Gott! Entkrampft wird die Sache von Jesus. Es wird nicht diskutiert, wer recht hat, oder welchen Sinn diese Taufe machen soll. Jesus will vor allem gleich sein und allen zum Bruder werden, die sich einlassen auf Gottes Reich. Er will auch denen gleich werden, die zu Johannes kommen und mit Gott neu anfangen wollen. Dafür ordnet sich der Gottessohn in Demut und Gehorsam unter. Das Reich, von dem ER bald predigen wird, hält das aus.

Krippe und Stall, elend, nackt und bloß zu sein, waren also noch nicht genug. Für Gott geht’s immer noch tiefer. Da hinunter, wo herbeigelaufene Sünder und Versager ihre Schuld vor Gott abwaschen lassen. Wenn das Wasser des Jordan über Jesus zusammen schlägt, wird sein Sterben und Begrabenwerden im Grunde schon vorweggenommen. Auch dort wird Jesus uns noch gleich, uns ganz zum Bruder werden. So wird die Begegnung von Jesus und Johannes die erste Taufe im Neuen Testament. Sie ist richtungs-weisend, wie auch wir unsere Taufe verstehen können. Was danach geschieht, als Jesus aus dem Wasser heraufsteigt, was seine Taufe letztlich bringt, beschreibt der Matthäus mit drei knappen Sätzen: Gottes Geist kommt wie eine Taube herab. Der Himmel steht offen. Und Gott spricht: An dir habe ich Wohlgefallen.

Drei Bemerkungen, bei denen ich etwas verweilen will.

Als erstes: Gottes Geist kommt wie eine Taube herab.
Der Geist, den verstehe ich als die Kraft, die uns lenkt, uns antreibt, ja im guten Sinne auf Trab bringt. Leider ist das nicht immer nur Idealismus und das Streben nach dem Gutem. Ein paar Geister, die uns manchmal auch befallen, will ich benennen. Es gibt auch den zänkischen Geist. Leute entfalten erstaunliche Phantasie, voneinander schlecht zu denken. Manche sind zerstritten bis in die Familien hinein. Jahrelange Freundschaften gehen über unterschiedlichen Ansichten - z.B. jetzt über diese Corona-Krise - kaputt. Und wenn Ehen zerbrechen, entwickelt sich bisweilen ein unerbittlicher Rosenkrieg, der Schamgrenzen überspringt und alles erdenklich Schlechte bis vor Gericht breittritt. Gelegentlich fragt man sich dann: Was hat den andern nur für ein Geist befallen? Habe ich diesen Menschen wirklich gekannt, gar geliebt und mit ihm zusammen gelebt?
Eine andere Geistesart ist der Neid: Man sieht sehr scharf, wo es andere gut getroffen haben. Undeutlich bleibt, wie auch der Mitmensch am Leben zu tragen hat. Das Schema ist relativ einfach: Dir geht' gut, mir geht’s viel schlechter. Dir fliegt es zu, ich muss mich mühen. Du kannst dir viel erlauben, ich falle immer gleich auf. Wie ist doch das Leben ungerecht, besonders zu mir! Ein solcher Geist macht Menschen bitter.
Eine dritte Geistesart ist die Angst, zu kurz zu kommen: Im Beruf. Da, wo ich lebe und arbeite. In den verpassten Chancen, auch jetzt, wegen dieser Krise… Wohin hätte ich dieses Jahr allles verreisen können!? Solcher Geist macht Menschen einsam.
In der Taufgeschichte hieß es: Gottes Geist kommt wie eine Taube herab. Nun mag die kleine weiße Friedenstaube – grade im Osten – tatsächlich ein abgegriffenes Symbol sein. Aber es bleibt trotzdem wahr: Die Taube ist Ausdruck des Friedens, eines Friedens mit Gott.
Wenn sich dieser Gottesgeist an Jesus festmacht, dann können wir an IHM ablesen, welcher Art der Geist ist, mit dem Gott uns beschenken will. Gottes Geist schafft Freundlichkeit. Weckt Vergebungsbereitschaft. Geduld und Mut, ein zweites Mal hinzuhören. Den Frieden zu suchen. Wo Gottes Geist um sich geift, ist kein Platz für Streit, Ehrgeiz und Neid. Denn der Mitmensch wird ausdrücklich gesucht, damit Gottes Geist zur Geltung kommt. Das Ermutigende an Jesu Taufe ist, dass dieser Gottesgeist nicht einfach mit dem menschlichen Geist vertauscht wird. Es ist ein Geist von oben, der den Menschen erfasst und zu gestalten beginnt. Gottes Geist mischt sich unter. Bremst uns manchmal. Verhindert Schlimmeres. Lässt uns einen neuen Anfang wagen.  Bei Lichte besehen ist das nicht wenig, sondern viel!

Die zweite Bemerkung bei Matthäus lautete: Der Himmel steht offen.
Mit dem Himmel ist das so eine Sache… Im siebten Himmel schweben manchmal Verliebte. Nach der Bibel ist der „Himmel“ etwas, das noch kommt. Worüber wir Menschen nicht verfügen. Der Himmel der Bibel wird von Gott geschenkt. Aber manchmal können wir ein Gefühl dafür entwickeln, was mit Himmel gemeint ist: Wenn ich mir selber nicht mehr im Wege stehe. Wenn ich Sorge und Angst für Augenblicke hinter mir lassen kann, weil ich weiß, dass ein Anderer sich meiner annimmt.
In einem haben Verliebte allerdings recht:  Es gibt keinen privaten Himmel. Für den Himmel braucht es den Anderen, für den genau so viel Platz ist wie für mich.
„Weißt du, wo der Himmel ist? Nicht so hoch da oben.
Sag doch Ja zu dir und mir, du bist aufgehoben.“ … heißt es in einem neueren Lied.
In diesem Sinne will ich Matthäus verstehen: Wo Menschen getauft werden, öffnet sich der Himmel über ihnen. Gott berührt, verbindet sich mit uns. Wir sind gut aufgehoben bei ihm. Gewinnen einen Blick, der mich von mir selber absehen lässt. Und dann riskiere ich, den Quälgeist, den notorischen Meckerer, den Langweiler neben mir mit Gottes Augen zu sehen und zu entdecken: Er / oder sie ist geliebt wie ich. Das ist schwer durchzuhalten. Aber der Anfang ist gemacht.

Der dritte Satz des Matthäus war: Du bist mein lieber Sohn. An dir hab' ich Wohlgefallen!
Gott hat an Jesus Gefallen. Und Jesus ist berufen, das Wohlgefallen Gottes an andere weiterzugeben. Wir brauchen bei Matthäus nur weiter zu blättern, dann werden wir gewahr, wem sich Jesus besonders zuwendet: Den Ausgegrenzten, Schwachen und Gescheiterten. Leuten, bei denen nichts zu holen ist. Die von andern abgeschrieben sind. Ihnen gilt die Verheißung: Gott geht an euch nicht vorbei. Im Gegenteil: Mit euch fängt Gott an.
Wann immer wir in unseren Gemeinden Leute getauft haben, ob groß oder klein, dann hat Gottes Stimme auch zu uns gesprochen: „Du bist mir Tochter und Sohn! An dir habe ich Wohlgefallen. Ich mag dich schon so, wie du bist, und es gefällt mir, wenn du dich veränderst.“
Einige Tausend Mitmenschen an unserem Ort sind so getauft, und die Zusage hat auch ihnen gegolten: Ich mag dich. Du gefällst mir. Im Laufe ihres Lebens haben sie sich manchmal von dieser Zuneigung Gottes entfernt, manchmal gehen sie absonderliche Wege, auch ohne Gemeinde. Doch sie alle meint der Zuspruch: Ihr seid getauft, wie Jesus einst getauft wurde. Deshalb gilt auch weiter: An euch habe ich Wohlgefallen, ich mag euch noch immer. Und ihr seid zu einem Leben berufen, an dem auch andere Wohlgefallen haben könnten.
Bei jeder Taufe – erst recht an Sonntagen wie heute - werden wir erinnert, was Gott uns alles schenken will: Seinen Geist, seine Liebe, ein Stück vom Himmel. Weil wir Menschen sind, die sich nicht immer alles merken können, gibt es die Kirche, den Gottesdienst und die Gemeinschaft der Christen. Da können wir lernen, wiederholen und einüben, was uns die Taufe bedeutet. Eine kleine Geschichte soll das unterstreichen:

Am Rande der Wüste lebte einst ein Eremit. Eines Tages besucht ihn ein junger Mann, der ihm sein Leid klagt: „Ich höre so viele heilige Texte und Lieder. Ich freue mich für den Augenblick an ihrer Schönheit. Aber es gelingt mir nicht, sie festzuhalten. Ich vergesse die tiefen Wahrheiten immer wieder. Ist da nicht alles umsonst?“ Der Eremit hörte ihm gut zu. Als er mit dem Klagen fertig war, ließ er ihn einen alten, schmutzigen Korb nehmen, der vor seiner Hütte stand. Hole mir aus dem Brunnen dort Wasser“, sagte er.
„Der Alte hat meine Frage wohl nicht richtig verstanden,“ dachte der junge Mann. Widerwillig nahm er den Korb und ging zum Brunnen. Das Wasser war längst durchgerieselt, als er zurückkehrte. Geh noch mal!“, sagte der Eremit. Der junge Mann folgte. Ein drittes und viertes Mal musste er gehen.
„Der Alte prüft meinen Gehorsam, ehe er meine Frage beantwortet“, dachte er bei sich. Immer wieder füllte er den Korb mit Wasser. Immer wieder rann es zu Boden. Dann, nach dem zehnten Mal durfte er aufhören. Sieh dir den Korb an!“, sprach der Eremit.
Er ist ganz sauber“, entgegnete der junge Mann.
So geht es dir mit den Worten und Liedern, die du hörst und bedenkst“, sagte der Eremit. Du kannst sie nicht festhalten, sie gehen durch dich hindurch, und du hältst die Mühe für vergeblich. Aber ohne dass du es merkst, klären sie deine Gedanken und machen dein Herz rein.“

So geht es auch uns: Wenn wir beieinander sind, biblische Worte hören, die wir schon lange kennen, vertraute Choralmelodien und Lieder, geprägte Psalmen...  all das wirkt bei uns wie das Wasser in jene Geschichte. Wir müssen nicht jedesmal diskutieren, was jedes Zipfelchen vom Glauben bedeutet. Es reicht, wenn wir beieinnander sind, hören, danken, beten. Das klärt und reinigt die Gedanken, die manchmal beschaffen sind wie ein Sieb, oder wie ein alter verstaubter Korb. Doch wir sind auch Gottes Kinder! Und das üben wir ein.  Gott schenkt uns dazu einen langen Atem.

Amen.

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Pfarrer Frank Bohne
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