Predigt am Heiligen Abend, Christvesper 18 Uhr
Predigt vom 24.12.22 (Pfarrer Stephan Bickhardt) Ort: Martin-Luther-Kirche
Die Gnade Jesu Christi, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen.
In diesem Jahr sagt unsere Kirche, der Predigttext steht bei Lukas im 2. Kapitel in den Versen 1-20. Liebe Abendgemeinde, das ist ziemlich viel. Seit Jahren entscheide ich mich in persönlicher Meditation über der Weihnachtsgeschichte für einen Satz - einen Satz aus der Weihnachtsgeschichte, der für die ganze steht und aktuell ist.
In diesem Jahr ist das Vers 15: „Und als die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns gehe nach Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat.“ So heißt es in meiner Bibel, in der Bibel mit den Notizen, die ich deshalb nicht zur Seite legen kann. Und wie lautet die neue Bibelübersetzung nach Martin Luther aus dem Reformationsjahr 2017? „Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. Gott segne diese Worte an uns. Im Grunde sagt die neue Lutherbibel ganz gleich dasselbe. Und: sie rückt etwas sie rückt etwas mehr an Luthers Sprachgebrauch heran: gen Himmel – die Engel, gen Bethlehem – die Hirten. Die gegenwärtig sich wie im Flug, vor allem in Gruppen und Gesprächskreisen verbreitende Basisbibel übersetzt so: „Die Engel verließen die Hirten und kehrten in den Himmel zurück. Da sagten die Hirten zueinander: Kommt, wir gehen nach Bethlehem! Wir wollen sehen, was da geschehen ist und was der Herr uns mitgeteilt hat.“ Es wäre schön noch andere Übertragungen des Bibelwortes zu Rat zu ziehen, z. B. die zu Unrecht vergessene der Guten Nachricht oder die Bibel in gerechter Sprache, heutigem Deutsch. Wollten wir all das erörtern, wäre die Zeit um. Die Predigt, so heißt es manchmal heute, sollte 10 und nicht 20 min dauern.
Was geschieht hier? Hirten auf den Feldern rund um Bethlehem passen in der Nacht auf eine Herde von Schafen auf. An verschiedenen Stellen rund um die Herde herum hatten sie sich postiert. Das übliche. Neu ist: In einem hellen Lichtglanz erscheint ein Engel. Manchmal sagen Leute, das ist aber doppelt gemoppelt ausgedrückt. Helligkeit, Licht, Glanz. Stimmt. Gottes Glanz und Herrlichkeit umstrahlt die Hirten, so wie sie da stehen auf dem Feld. Sie hören von kommender großer Freude, denn ein Retter, der ersehnte Messias, und mit ihm das Ende aller Leiden, ja sogar ein neuer Herrscher ist da. Nicht dass er noch kommen würde, nein, er ist da. Und zu diesem Worten tritt nun gleich ein großer Chor von Engeln. Und was ein Chor tut, tut auch dieser Chor, er lobt und singt von Ehre bei Gott, von Frieden und Wohlsein bei den Menschen. Da trägt sich etwas zu: die Engel kehren gen Himmel zurück –. Die Hirten laufen aufeinander zu und wie manchmal in der Nacht, wenn mögliche Gefahren für die Herde ausbleiben. Sie reden miteinander, es ist dunkel. Da ist etwas geschehen in dem Gespräch der Hirten untereinander. Es ist nicht der 1., der 2. oder der 3. Hirte, wie es in den Manuskripten der Krippenspiele manchmal heißt, der zum Anführer wird. „Komm, kommt, gehen wir“, antworten sie gemeinsam auf diese Engel-Ansage. Und sie gehen los und vertrauen darauf: der Herde wird schon nichts passieren.
Dieser Selbstaufruf, nachzuschauen, was an der Sache dran ist, entspringt einer Frage: wie sollen wir dir Nachricht empfangen, empfangen, was da geschehen ist, die Geburt von Christus? Da passiert etwas beim Einzelnen. Wie soll ich dich empfangen? Wie begegne ich dir? Menschen möchten an das Geschehene herankommen, damit aus Aktivität heraus ein Licht aufgeht. Die Fackel soll leuchten. Ich will‘s wissen. „Wie soll ich dich empfangen/ und wie begegn ich dir/ o aller Welt Verlangen,/ o meiner Seelen Zier?/ O Jesu, Jesu setze/ mir selbst die Fackel bei,/ damit was dich ergötze,/ mir kund und wissend sei.“ Der im brandenburgischen Mittenwalde tätige Pfarrer Gerhard, Paul Gerhard dichtet vom Verlangen des Herzens. Der Chor sang gerade. Das war 1653, 5 Jahre nach dem Ende des 30jährigen Krieg, der ein Drittel an Hab und Gut und Mensch in Deutschland vernichtet hatte. Wie soll ich dich empfangen? Die Hirten wollten es wissen. Hingehen. Aus der Dunkelheit heraustreten und nachsehen, was dran ist. Sie hatten sich in einem Gespräch darauf geeinigt. Gemeinsamer Wille entstand und sie zogen los. Was ist an der Sache dran, wir müssen nachsehen, fragen, wir wollen bereit sein uns von der Botschaft überraschen zu lassen, gemeinsam. Wir müssen drüber reden. Der Mund wird voll.
Wie entsteht ein gutes Gespräch, liebe Abendgemeinde? Wie entsteht es?
- Mindestens zwei Menschen sollten das Gespräch wollen.
- Einer oder eine müssen anfangen, einladen.
- Eine oder einer sollte ausreden dürfen und dann die andere.
- Einen Gegenstand des Gespräches, eine Sache, ein Frage, eine Botschaft braucht es.
Es ist nicht das Gespräch oder die Unterredung gemeint, die in der Psychotherapie oder der Seelsorge stattfinden. Da geht es weniger um eine Botschaft. Auch denke ich dabei nicht an die vielen Kontaktgespräche, die wir per WhatsApp, Sprachnachricht, am PC und überhaupt – das Smartphone – führen. Sie sind hilfreich, können sogar Leben retten. Manchmal habe ich den Eindruck, wir sind in einer gigantischen Ablenkungsmaschine gefangen. Mit dem guten Gespräch sind ausführliches Reden und Zuhören untereinander gemeint. Teilen Sie die Sorge, angesichts dieser Ablenkungsmaschinen und der Kriege – des Krieges - , der Energie- und Klimakrise und der Gesundheitsprobleme vieler Menschen trauen wir der wirklichen Begegnung untereinander nicht mehr viel zu? Ändert sich ja wenig, auch wenn sich alles ändern muss, irgendwie. Nun können wir für das gute Gespräch den Beistand der Engel und die Botschaft von Jesus Christus und überhaupt ein Thema, eine bewusste Frage nicht vorab erwarten. Gott ist aber bewusst, wie es um den Menschen steht. Zwei und mehr Menschen lassen sich aufeinander ein, Gott weiß um sie. Sie reden, dann kann die Frage, die Botschaft erscheinen um sie herum, zwischen ihnen. Es wächst Kraft, Entschlusskraft. Wir dürfen nichts beschweigen. Reden wir miteinander. Das ist die Sorge, dass uns die Gegenwart fertig macht. Paul Gerhard schreibt im Lied: „Gott kommt, er kommt mit Willen,/ ist voller Lieb und Lust,/ all Angst und Not zu stillen,/ die ihm an euch bewusst. (Strophe 7, Solo gesungen von Kantor Zimpel). – Die Hirten, die ersten Jünger hattens eilig zur Krippe zu kommen, sie spürten etwas. Man bewegt sich schneller, wenn wichtiges vor einem liegt. Das Gespräch auf dem Feld brachte Entschlusskraft. Die Hirten stehen in seinem Bewusstsein. Engelwort und Geburtsereignis und Entschluss gehen in eins. Einer Sache, einer Ankündigung auf den Grund gehen, einen Entschluss fassen, Empfangen wollen! Darum will Gott Mensch werden immer wieder. Sein Heil ist da, will sein zwischen uns reine Freude. Amen.
Amen.
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