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Die Kirche im Dorf lassen
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Die Kirche im Dorf lassen

Man soll „die Kirche im Dorf lassen...“ - wissen Sie eigentlich, warum? Ich habe nachgelesen, woher diese Redensart kommt: Früher markierte die Kirche den Mittelpunkt eines Ortes. Wenn kirchliche Ereignisse besonders gut besucht waren, an hohen Feiertagen - musste man die Zeremonien aus Platzgründen auf dem Feld vor dem Dorf abhalten. Kritische Stimmen sagten dann schon mal, dass die Kirche doch besser „im Dorf“ bleiben solle, denn da gehöre sie hin. Oder vielleicht drückte man auch damals schon so die Sorge aus, dass deutlich weniger Gläubige als erwartet zum großen Gottesdienst kommen - und deshalb brauche man nicht auf Feld zu ziehen. Man möge also die Kirche „im Dorf“ lassen.

Die ‚Kirche im Dorf‘: Schauen wir uns unser Großdeubener Katharinenkirchlein an, das so ein bißchen versteckt unter den Bäumen hervorguckt. Es mag sich mancher schon gefragt haben: Brauchen wir die heute? Die Kirche im Dorf? Wozu ist die gut - für diejenigen - und das ist ja die Mehrheit - die es nicht in den Gottesdienst zieht?

Ich finde: Eine Kirche ist nicht zuallererst ein Haus. Aus dem Matthäus-Evangelium kennen wir den Satz: „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen." Von einer bevorzugten Bauform - Romanik, Gotik oder Spätbarock - ist da nicht die Rede, auch nicht von einer Mindestzahl an Quadratmetern. Und - Gott sei dank - auch nicht von Mindestabständen!

Eine Kirche - das ist eine Gemeinschaft. Das ist das Erleben von Gemeinschaft. Wir - erleben beispielsweise bei den musikalischen Vespern unseres Musiksommers etwas Schönes zusammen, und haben anschließend noch interessante Gespräche - wir erleben Gemeinschaft, so wie das schon ganz lange in einem Dorf eben so ist.

Ich komme wieder auf unsere Katharinenkirche zurück: Sie ist - weiß Gott - schon lange da; allein in ihrer jetzigen Form schon über 300 Jahre, ein Vorgängerbau ist sogar schon im 16. Jahrhundert belegt. Was hat diese Kirche alles erlebt? 1681, so kann man nachlesen, wütete hier die Pest, muss Großdeuben schlimm getroffen haben. Es sind für gewöhnlich die Kirchenbücher, die darüber Aufschluss geben: Denn da sind die Beerdigungen erfasst. 1813 - Großdeuben lag in der Aufmarschroute der Preußen und der Österreicher - zu einem fürchterlichen Gemetzel, das man später als „Völkerschlacht“ bezeichnete - die Katharinenkirche wurde zum Lazarett. 1854, ein Ereignis, wie wir es gerade in jüngster Vergangenheit erlebt haben: Nach dreitägigem Regen stand der ganze Ort unter Wasser.

Stelle ich die Frage: ‚Was hat diese Kirche erlebt?‘, dann frage ich eigentlich: ‚Was hat die Gemeinschaft erlebt? Was hat das Dorf erlebt? Was ist den Menschen widerfahren?’ Das Schlechte, das bleibt im Gedächtnis. Aber da ist ja auch das Gute, danach muss man manchmal ein wenig länger im Gedächtnis graben. Ich habe gerade einen schönen Anlass: Nicht lange her, da konnten wir zum ersten Mal seit langer Zeit mal wieder einen Kindergottesdienst in Großdeuben feiern.

Wenn ich mich heute dafür engagieren möchte, dass diese Kirche erhalten wird, dass sie in Ehren gehalten wird - dass man sie ordentlich behandelt - dann tue ich das sicher auch aus einer gewissen Ehrfurcht vor einem alten, schützenswerte Bauwerk. Natürlich ist es auch eine Frage des Glaubens, den wir hier bekennen. Aber - wie schon erwähnt: Das ginge auch anderswo.

Für mich ist es vor allem der Respekt und die Verbundenheit mit den Generationen von Menschen, die vor uns an diesem Ort gelebt haben - und in den glücklichsten, aber auch in den traurigsten Momenten ihres Lebens hier in in Gemeinschaft versammelt waren: Eine Hochzeit, die Taufe der Kinder, die Beerdigung eines lieben Menschen. All das haben Menschen seit hunderten Jahren hier erlebt. Hier - in dieser Kirche. Mein Respekt, meine Verbundenheit gegenüber ihrer Kirche ist mein Respekt, meine Verbundenheit diesen Menschen gegenüber. Für die diese Gemeinschaft Heimat war und ist. Dafür steht eine Kirche - und deshalb sollte sie im Dorf bleiben. Lebendig bleiben.

Für uns Christen zeigt die „Kirche im Dorf“, dass Gott mitten unter uns wohnen will. Aber sie zeigt auch für alle anderen etwas, was für eine Gemeinschaft wichtig ist: Verlässlichkeit. Einfach - weil sie da ist, egal ob man sie gerade braucht. So ein bißchen - wie unsere Feuerwehr, bei der man sich ja wünscht, dass man sie nie braucht. Und der man für den unermüdlichen Einsatz, für eben genau dieses „Da“ sein, nicht genug danken kann. Unser Kindergarten-Verein „Kleine Hände“ fällt mir ein, der Lernwelten-Verein mit seiner Schule. Ich sehe aber, gerade in diesen Zeiten auch das andere ehrenamtliche Engagement - einen Sportverein oder einen Karnevalsverein am Laufen zu halten, wenn über Monate Proben und Veranstaltungen abgesagt werden müssen - das, finde ich, kann man kaum überschätzen. Denn so lange es so ein Engagement gibt, bedeutet das Normalität und letztlich Sicherheit, Gewissheit. Und zwar nicht nur für die Mitglieder, sondern für die ganze Gemeinschaft.

Genauso ist das mit so einer Kirche - ganz egal, ob jemand nie viel mit ihr anfangen konnte. Oder ob jemand - oft nach vielen, vielen Jahren zu ihr zurückfindet. Die "Kirche im Dorf" erinnert uns an die Verantwortung füreinander. Daran, dass Christus uns zur Nächstenliebe aufruft. Zum Miteinander. Zur Gemeinschaft. Als Kirchgemeinde möchten wir, dass unsere Kirche auch in Zukunft in jeder Hinsicht „im Dorf“ bleibt. Als Ort, der beispielsweise Angebote gerade für Kinder und Familien bietet - so wie unsere Musiksommer-Konzerte, unsere Familiensonntage oder auch die Kindergottesdienste. Es lohnt sich - also lassen wir einfach mal die Kirche im Dorf!

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Alexander Roth
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