Weihnachten im Wandel?

Weihnachten ist im Wandel. Statt unterm Tannenbaum feiern es manche lieber unter Palmen. Statt beschaulicher Stille lassen es manche lieber schon silvestermäßig krachen. Statt Maria und Josef treten Hänsel und Gretel auf. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde Weihnachten zum Fest der deutschen Volksseele. In der Zeit des Staatssozialismus wurde es zum Fest des Friedens. Heute aber ist es zum Fest eines unbeherrschten Kommerzes wie nie zuvor geworden. Selbst vor Engeln in raffinierten Dessous im Schaufenster macht er nicht halt. Dabei habe ich nichts gegen gute Geschäfte, aber alles zu seiner Zeit. Weihnachtsgebäck und Weihnachtsreklame in den Auslagen großer Märkte noch vor dem Erntedankfest finde ich pervers. Ich habe auch nichts gegen Geschenke, aber die maßlose Überschüttung von Kindern führt zur Entwertung des Schenkens und zu Hab- und Genusssucht. Auch die Nachahmung fremder Weihnachtstraditionen, die anderswo in der Welt ihre kulturelle Heimat haben ("Weihnachten im Faschingskostüm"), empfinde ich als Zeichen innerer Ratlosigkeit. Die Preisgabe regionaler, sächsischer Traditionen (etwa der einzigartigen erzgebirgischenVolkskunst) zugunsten von Amerikanismen erlebe ich als kulturellen Verlust. Der Sinn eines Festes liegt auch in der Erinnerung und Pfl ege alter Rituale, Lieder und Geschichten, aus denen neue Kraft erwächst. Auf diese Weise hat der jüdische Glaube Jahrhunderte überdauert. So sollte auch der christliche Glaube neue Kraft schöpfen aus der Art, wie wir Weihnachten feiern. Singen wir noch mit unseren Kindern und Enkeln die klassischen Weihnachtslieder wie "Macht hoch die Tür", "Vom Himmel hoch", "Stille Nacht", oder nur moderne Weihnachtsschlager? Erzählen wir ihnen noch die biblische Weihnachtsgeschichte, angefangen bei Zacharias und Elisabeth und ausgeklungen mit der Flucht der heiligen Familie nach Ägypten, und mit dem Wunder der Weihnacht,der Geburt des Sohnes Gottes? Basteln und werkeln wir noch mit ihnen, um ihre kreative Freude am Schenken zu wecken, oder reduzieren wir das Weihnachtsfest aufs große Weihnachtsshopping an den Adventssonntagen? Weihnachten war und ist immer im Wandel. Ich bin Gott dankbar, dass wir es nicht mehr in Not und Elend feiern müssen und die Einschränkungen der Mangelwirtschaft vergessen sind. Es liegt auch an uns, ob Weihnachten heute und morgen einen guten Wandel erfährt, der den Kern des Festes bewahrt.

Ihr Pfarrer Dr. Arndt Haubold

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